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Mensch, ärgere dich nicht!
Wenn Sie den Kirchspielbrief (treffpunkt süd) in den Händen halten, dann naht
fast schon wieder das Ende der Ferienzeit. „Jetzt geht der Ärger wieder los“,
sagte mein Vater traditionell am letzten Urlaubstag. Der Ärger – damit meinte er
vor allem den auf Arbeit, im Auto im Berufsverkehr und mit mir als Schülerin,
unwillig beim abendlichen Abfragen der Vokabeln. Ist das Leben außerhalb von
Ferien- und Freizeit hauptsächlich Ärger oder generell ein Ärgernis? Vielleicht
ist das etwas übertrieben, aber es gibt weniger Ärger in der Freizeit, so ist
jedenfalls mein Eindruck. Wenn man frei hat, ist man entspannter und
spielerischer. Die meisten spielen etwas in ihrer Freizeit – ein Instrument oder
etwas mit einem Ball oder Ähnlichem, Computerspiele, Live-Rollenspiele oder auch
mal ein gutes altes Karten- oder Brettspiel. Wir spielen gern. Auch auf
Jugendfreizeiten kommen Spiele gut an, vor allem solche, bei denen man was
gemeinsam als Gruppe machen kann, am besten mit allen Sinnen, egal wie sinnlos
es im Übrigen eigentlich ist. Mensch-ärger-dich-nicht-Figuren auf einem
Zollstock die Treppe hoch transportieren zum Beispiel, wobei man pro Person nur
mit einem Finger den Zollstock berühren darf. Auch Erwachsene waren schon mit
Begeisterung dabei. Kein Wunder, denn bereits der große holländische
Kulturphilosoph Johan Huizinga bezeichnete 1938 den Menschen als „homo ludens“
(spielender Mensch) und der Jesuit Hugo Rahner setzte zehn Jahre später noch
eins drauf: „… weil Gott ein Deus vere ludens (wahrhaft spielender Gott) ist,
muss der Mensch ein homo ludens sein“, formulierte er und bezeichnete die
Liturgie als göttliches Spiel. Und im Alten Testament (Sprüche 8,30) ist über
die Weisheit zu lesen, dass sie bei Gottes Schöpfung schon dabei war und
erzählt: ...ich war seine Lust täglich und spielte vor ihm allezeit; ich spielte
auf seinem Erdkreis und hatte meine Lust an den Menschenkindern“. Auch für
die Zukunft unserer Kirche wünsche ich mir mehr Leichtigkeit, mehr
Spielerisches. Wir werden weniger Mitglieder und Mitarbeitende und haben weniger
Geld zur Verfügung – ein großes Ärgernis, das schon zahlreiche Kopf- und
Magenschmerzen verursacht hat. Aber der Ärger darüber hilft nicht weiter. Ist
es möglich, spielerisch-lustvoll neue Ideen zu entwickeln und Konzeptionen zu
erarbeiten? Wenn Gott den Menschen als homo ludens geschaffen hat, was sollte
uns davon abhalten? Wir können das, weil Gott es schon in uns hineingelegt hat.
Vielleicht müssen wir es nur wieder entdecken. Ihre Pfarrerin Bettina
Reinköster
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